Ausstellungsort: Unteres Belvedere, Orangerie 2. Dezember 2022 bis 7. Jänner 2024
Über zehn Jahre lang wurde an der Sommerresidenz von Wiens wohl berühmtestem Feldherrn Prinz Eugen von Savoyen gebaut: Im Jahr 1723 war die Anlage des Belvederes mit der Fertigstellung des Oberen Schlosses schließlich vollendet. Anlässlich des dreihundertjährigen Jubiläums dieses Ereignisses widmet sich das Haus seiner eigenen Geschichte. Als architektonisches Ensemble wie auch als Museum stand das Belvedere über Epochen hinweg für die Inszenierung von Macht und Repräsentation: als Kulisse höfischer Feste, zeitweise als königliche Residenz, aber auch als Schauplatz der Unterzeichnung des Österreichischen Staatsvertrags 1955. Die umfangreiche Ausstellung thematisiert die wechselnde Nutzung der barocken Schlossanlage und zeichnet die institutionelle Entwicklung des Belvederes als Museum nach. Die Schau läutet das Belvedere Jubiläumsjahr 2023 ein. Sie beleuchtet das Wechselspiel historischer Entwicklungen und institutioneller Veränderungen und macht das Belvedere als zentralen Ort der Kunst über die Zeit anhand seiner Sammlungs- und Archivbestände greifbar.
ENTWICKLUNG DES BELVEDERE ALS MUSEUM
Das Gartenpalais des Prinzen Eugen
Ab 1697 kaufte Prinz Eugen von Savoyen Grundstücke am Rennweg, um etwas
später einen Garten nach dem Vorbild von Versailles gestalten zu lassen. Mit dem
Bau beider Schlösser der prunkvollen Sommerresidenz beauftragte er Johann Lucas
von Hildebrandt. Von 1712 bis 1717 wird das Untere Belvedere, anschließend das
Obere Belvedere nach dessen Plänen verwirklicht. Für die Ausstattung der
Repräsentationsräume mit Wandbildern, Skulpturen und Gemälden holte der
kunstsinnige Prinz renommierte Künstler seiner Zeit nach Wien. Als Ausdruck der
politischen und militärischen Macht Eugens wird das Ensemble 1723 fertiggestellt.
Nach Prinz Eugens Tod erwirbt die Regentin Maria Theresia das Ensemble aus
Schlössern und Gärten. Mit ihrem Sohn Kaiser Joseph II. fasst sie den Entschluss,
die Bestände der habsburgisch-kaiserlichen Sammlungen aus der zu eng
gewordenen Stallburg in das Obere Belvedere zu transferieren. Als eines der ersten
öffentlichen Museen weltweit ist die kaiserliche Gemäldegalerie ab 1777 bei freiem
Eintritt zugänglich.
Die Geschichte der kaiserlichen Gemäldegalerie im Oberen Belvedere endet 1891
mit der Eröffnung des Kunsthistorischen Museums an der Ringstraße, wohin die
Bestände der Galerie übersiedeln.
Nach der Eröffnung des Kunsthistorischen Museums werden die beiden Belvedere-
Schlösser vorerst einer musealen Nutzung enthoben. Ab 1896 wird das Obere
Belvedere zur Residenz des Thronfolgers Franz Ferdinand umgebaut.
Nach dem Zerfall der Monarchie wird die k. k. Österreichische Staatsgalerie 1921 in
Österreichische Galerie umbenannt.
Im Zuge der vom Kunsthistoriker Hans Tietze vorgeschlagenen Neuordnung der
Wiener Museen erhält die Sammlung im Verlauf der folgenden Jahre weitere
Aufstellungsorte innerhalb der Schlossanlage des Belvedere: Im Unteren Belvedere
wird ein Barockmuseum eingerichtet. 1924 eröffnet im Oberen Belvedere die Galerie
des 19. Jahrhunderts. In der Orangerie werden Räumlichkeiten für die Sammlung
zeitgenössischer Kunst adaptiert, wieder unter dem Namen Moderne Galerie. Die
größte Veränderung bedeutet jedoch die Abgabe der mittelalterlichen „gotischen“
Kunst an das Kunsthistorische Museum.
1947 Wiederaufbau
1947 beginnt der Wiederaufbau des zerstörten Belvedere. Das untere Schloss ist
1951 so weit erneuert, dass erste Ausstellungen stattfinden können. Präsentationen
wie Meisterwerke des Barock als Vorbote des 1953 wiedereröffneten
Barockmuseums und Neuerwerbungen 1947– 1951 mit Werken mittelalterlicher
Kunst bis zu zeitgenössischen Arbeiten spiegeln die Schwerpunkte der zukünftigen
Ankaufs- und Sammlungspolitik wider. Der reguläre Museumsbetrieb im Unteren
Belvedere startet 1953. Im folgenden Jahr wird im Juli die Galerie des 19. und 20.
Jahrhunderts im Oberen Belvedere eröffnet und durch eine Wechselausstellung zur
Gegenwartskunst ergänzt. Mit der Unterzeichnung des Staatsvertrags am 15. Mai
1955 im Marmorsaal des Oberen Belvedere gelingt die Wiederherstellung
Österreichs als freier und unabhängiger Staat.
1953 Museum mittelalterlicher österreichischer Kunst
Um sich von deutschnationalem Gedankengut und der NS-Zeit zu distanzieren,
fördert die Zweite Republik nach Beendigung des Krieges ein genuin
österreichisches Nationalbewusstsein. Unter Direktor Karl Garzarolli-Thurnlackh wird
dementsprechend 1953 im Unteren Belvedere das Österreichische Barockmuseum
wiedereröffnet und das Museum mittelalterlicher österreichischer Kunst eingerichtet.
2011 Museum für zeitgenössische Kunst
Nach über 100 Jahren knüpft das Belvedere 2011 mit der Eröffnung des 21er Haus
(seit 2018: Belvedere 21) als Museum für zeitgenössische Kunst an den
Gründungsauftrag der Modernen Galerie an. Das Gebäude hat eine bewegte
Geschichte: Vom Architekten Karl Schwanzer als Österreichpavillon für die
Weltausstellung 1958 in Brüssel entworfen, wird die modernistische Architekturikone
nach Wien gebracht und für museale Zwecke adaptiert. Unter dem Namen Museum
des 20. Jahrhunderts („20er Haus“) nutzt das heutige mumok von 1962 bis zu
seinem Umzug ins neu errichtete MuseumsQuartier 2001 den Bau als
Ausstellungshalle. 2002 kommt es zur Übergabe an das Belvedere. Heute ist das
Belvedere 21 ein lebendiger Ort des künstlerischen und kuratorischen Experiments,
an dem Kunst vermittelt, Gesellschaft befragt und Öffentlichkeit hergestellt wird.
Die aktuellen Öffnungszeiten sowie Ticketpreise finden Sie auf der Website unter
www.belvedere.at