Seit 3. März steht die neue Dreierkoalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS. Der langjährige Wiener Neustädter Vizebürgermeister und promovierte Rechtsanwalt Christian Stocker ist nun Bundeskanzler. 2022 wurde er vom ehemaligen ÖVP-Parteichef und Kanzler Karl Nehammer als Generalsekretär in die Führungsspitze der Volkspartei geholt. Andreas Babler, ehemals Bürgermeister von Traiskirchen in Niederösterreich und seit 2023 Parteichef der SPÖ fungiert in der neuen Regierung als Vizekanzler und Minister. Wer sind die beiden vor wenigen Jahren noch unbekannten Herren an der Spitze der österreichischen Politik?

Bundeskanzler Christian Stocker

© Parlamentsdirektion/Johannes Zinner

Von Juni 2019 bis März 2025 war Christian Stocker, geboren 1960 in Wiener Neustadt, Abgeordneter zum Nationalrat und von September 2022 bis Jänner 2025 Generalsekretär seiner Partei. Im Zuge des Abbruchs der ersten Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS im Jänner 2025 wurde Stocker nach dem Rücktritt von Parteichef und Kanzler Karl Nehammer aus der Politik zum geschäftsführenden Bundesparteiobmann bestellt und übernahm damit die Leitung der Volkspartei.

Christian Stocker, dessen Vater Franz Stocker ebenfalls ÖVP-Abgeordneter zum Nationalrat war, besuchte die Volksschule und das Bundesrealgymnasium in Wiener Neustadt. Nach der Matura begann er 1979 ein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien, das er 1986 mit dem Magister abschloss. 1988 promovierte er zum Doktor der Rechtswissenschaften. Nach dem Gerichtsjahr am Bezirks- und Landesgericht Wiener Neustadt ist er seit 1994 selbständiger Rechtsanwalt.

Kommunalpolitik und Nationalrat

Stocker wurde 1990 Mitglied des Gemeinderates in Wiener Neustadt, wo er von 1992 bis 1995 als Klubobmann und von 1995 bis 2000 als Obmann des Kontrollausschusses fungierte. 2000 wurde er ÖVP-Stadtparteiobmann und Zweiter Vizebürgermeister, seit 2015 ist er Erster Vizebürgermeister. Von 2000 bis 2010 verantwortete er als Stadtrat das Bauwesen, anschließend bis 2015 das Schulwesen. Ab 2015 war er Stadtrat für Finanzen und Bildung, nach der Gemeinderatswahl 2020 wurde er Stadtrat für die Ressorts Finanzen, Liegenschafts- und Immobilienverwaltung.

2019 wurde Stocker als Abgeordneter zum Nationalrat angelobt. Im September 2022 wurde er als Nachfolger von Laura Sachslehner zum Generalsekretär seiner Partei bestellt. Für die Nationalratswahl 2024 wurde er ÖVP-Spitzenkandidat im Regionalwahlkreis Niederösterreich Süd und Siebenter auf der ÖVP-Bundesliste, zudem holte er ein Direktmandat für den Regionalwahlkreis Niederösterreich Süd.

Parteiobmann und Bundeskanzler

Nach der Nationalratswahl 2024 wurde er Mitglied des ÖVP-Verhandlungsteams zur Bildung einer Regierung mit SPÖ und NEOS. Aufgrund des Rücktritts von Karl Nehammer nach dem Scheitern der Dreierkoalitions-Verhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und den NEOS wurde Stocker am 5. Jänner 2025 zum Parteiobmann der ÖVP ernannt. Unmittelbar nach seiner Ernennung zum Parteichef nahm die ÖVP unter seiner Führung Verhandlungen mit der FPÖ auf, die als stärkste Partei aus den Nationalratswahlen 2024 hervorgegangen war. Stocker selbst hatte sich noch bis kurz davor als Parteiobmann medial wiederholt kritisch über die FPÖ geäußert. Die Verhandlungen mit der FPÖ scheiterten wie berichtet letztlich am 12. Februar 2025.

Aus den wiederholten Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP, SPÖ und NEOS ging er als aussichtsreichster Anwärter auf das Amt des Bundeskanzlers hervor. Am 3. März 2025 wurde Christian Stocker schließlich von Bundespräsident Alexander Van der Bellen als Bundeskanzler der Republik Österreich angelobt.

Saxophon, Golf, Fliegenfischen

Seit seinem Aufstieg innerhalb der Bundespartei bekommen die Wiener Neustädter Stocker seltener zu sehen – ein bekanntes Gesicht ist er in der niederösterreichischen Stadt trotzdem. In Wiener Neustadt ist der Jurist neben der Politik auch als Rechtsanwalt tätig; die gemeinsam mit Partnern geführte Kanzlei, in der auch sein Sohn Clemens tätig ist, habe er mittlerweile allerdings „großteils übergeben“, heißt es von der ÖVP. Die Seite des niederösterreichischen Blasmusikverbandes weist den Saxofonisten Stocker überdies als Obmann der Stadtkapelle aus.

Stocker im Duett mit seinem Sohn Clemens | In der Musik wie in der Politik… – Christian Stocker | Facebook

Weiters gilt Stocker als begeisterter Golfer, auch Fliegenfischen zählt zu seinen Hobbys, in seiner Heimatstadt ist er auch gerne mit seiner Vespa unterwegs.

Christian Stocker auf seiner Vespa in Wiener Neustadt | ©ÖVP

Vizekanzler Andreas Babler

© Arne Müseler / arne-mueseler.com / CC-BY-SA-3.0

„Es ist keine Schande wenn man aus einer Arbeiterfamilie kommt und für den Vorsitz der Sozialdemokratie kandidiert.“: Seit der Angelobung der neuen Bundesregierung Anfang März ist Andreas Babler, geboren 1973 in Mödling, Vizekanzler der Republik Österreich und Bundesminister für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport. Seit Juni 2023 ist er Bundesparteivorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Österreichs und war von Oktober 2024 bis März 2025 Abgeordneter zum Nationalrat, wo er als Klubobmann des SPÖ-Parlamentsklubs fungierte. 10 Jahre lang war er von 2014 bis 2024 Bürgermeister der Stadtgemeinde Traiskirchen und von März 2023 bis Oktober 2024 Mitglied des Bundesrats.

Babler: Arbeiter und Politiker

Babler wuchs in einer Semperit-Arbeiterfamilie im Traiskirchner Stadtteil Möllersdorf auf. Er besuchte die Höhere Technische Lehranstalt in Mödling (ohne Maturaabschluss) und arbeitete dann im Maschinenbau und als Lagerarbeiter. Nach dem Präsenzdienst und einem Jahr als Zeitsoldat (1993–1994) wurde Babler Landessekretär der Sozialistischen Jugend Österreich (SJÖ) in Niederösterreich und stieg 1996 zum SJ-Bundessekretär auf. Danach arbeitete Babler ab 2001 als Schichtarbeiter und Schichtführer in einer Mineralwasserproduktion. Später war er Gemeindebediensteter der Stadt Traiskirchen und wurde 2014 dort zum Bürgermeister gewählt. Im Rahmen einer Weiterbildung schloss er den Lehrgang Politische Kommunikation an der Universität für Weiterbildung Krems ab. Seine Abschlussarbeit verfasste er zu Medien, Strategien und Kommunikation in Arbeitskämpfen am Beispiel der Semperit Traiskirchen.

1997 lernte Babler seine spätere Frau Karin Blum kennen. Die gebürtige Vorarlbergerin wurde 2005 zur ersten sozialistischen Vorsitzenden in der Geschichte der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) in Innsbruck gewählt. Sie ist Stadtparteivorsitzende der SPÖ Traiskirchen und seit 2020 dort auch Gemeinderätin. Sie heirateten 2009 und haben eine Tochter.

Babler zu Gast beim Polit-Podcast Jung & Naiv in Deutschland | Quelle: Andi Babler, Vorsitzender der SPÖ (Sozialdemokratische Partei Österreichs) – Jung & Naiv: Folge 696

Politische Karriere

Babler trat 1989 der SJÖ bei, wurde bald Landessekretär der SJ Niederösterreich, dann Bundessekretär und in weiterer Folge Vizepräsident der Internationalen Union der Sozialistischen Jugend (IUSY). Er galt als Vertreter des linken Flügels der Sozialistischen Jugend. Im Jahr 2007 wurde er Stadtrat und im April 2014 Bürgermeister von Traiskirchen. Bei seiner ersten Wahl holte er das beste Wahlergebnis für die SPÖ in Traiskirchen seit 1945: 73,1 Prozent.

Überregional erlangte er im Zuge der Flüchtlingskrise in Europa 2015/2016 Bekanntheit. Als Bürgermeister von Traiskirchen kritisierte er die Asylpolitik der damaligen Innenministerin Johanna Mikl-Leitner. Im August 2014 berichtete die Neue Zürcher Zeitung über die Missstände im Asyl-Erstaufnahmezentrum Traiskirchen und zitierte Babler indirekt: „Angesichts von 8,5 Millionen Einwohnern und weit über 100 Millionen Nächtigungen jährlich im Tourismusbereich sei die Zahl von 25.000 Flüchtlingen, die sich derzeit in der sogenannten Grundversorgung befinden, gering. Da werde aus politischen Gründen ein Schauspiel betrieben“, erklärt er im Gespräch. Allerdings sei das Lager in Traiskirchen schlicht zu groß, und die politische Vereinbarung werde permanent gebrochen. Am 9. Juni 2015 organisierte er unter dem Motto „Flüchtlinge menschlich unterbringen – Massenlager abschaffen“ eine Protestkundgebung der Traiskirchner Bevölkerung gegen die Asylpolitik Mikl-Leitners vor dem Innenministerium in Wien.

Im Juni 2015 gründete Babler unter anderem mit Vertretern der Volkshilfe, des Bundes Sozialistischer Freiheitskämpfer und der Sozialistischen Jugend die parteiinterne Initiative Kompass, die der Organisierung des linken Flügels innerhalb der SPÖ dienen sollte. Nach der Landtagswahl in Niederösterreich 2023 zog Babler in den Bundesrat ein. Er kündigte an, dass er seine Bezüge als Bundesrat vollständig an soziale Einrichtungen spenden werde.

Wahl zum SPÖ-Vorsitzenden

Neben der amtierenden Bundesparteivorsitzenden Pamela Rendi-Wagner und dem burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil war Babler einer von drei Kandidaten bei der Wahl zum Parteivorsitz der SPÖ im Jahr 2023 – den er dabei gewann.

Bablers Kampagne zeichnete sich durch eine breite Online-Unterstützung und die der Parteijugend aus. Eine Analyse des Kommunikationsexperten Roland Puck zeigt, dass Babler mit seinen Social-Media-Kanälen zwischenzeitlich mehr Personen erreichte als der Bundespräsident und der Bundeskanzler zusammen.

Quellen: Christian Stocker, stoischer Verteidiger der Volkspartei – Parteien – derStandard.at › Inland | Christian Stocker: Karriere in der zweiten Reihe | Christian Stocker – Wikipedia | Babler: Der neue SPÖ-Vorsitzende im Porträt – noe.ORF.at | Andreas Babler – Wikipedia

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