In der Vorweihnachtszeit haben die immergrünen Zweige der Nadelbäume lange Tradition. Der Klimawandel setzt sie aber zunehmend unter Druck, vor allem die Fichte leidet unter den Folgen von Hitze und Dürre. Für Österreichs beliebtesten Christbaum, die Tanne, gibt es Entwarnung. Ein klimafitter Wald dürfte künftig aber anders aussehen.

© ÖBf-Archiv/F. Lindmoser

Die Tradition, Nadelbäume im Winter als Dekoration ins Haus zu holen, geht bereits bis in die vorchristliche Zeit zurück: Zur Wintersonnenwende holte man sich grüne Zweige, „Wintermaien“, ins Haus. Sie sollten bösen Geistern das Eindringen ins Haus erschweren, gleichzeitig erinnerte das saftige Grün an die Wiederkehr des Frühlings. Fichte, Tanne, Kiefer und Wacholder spendeten der Legende zufolge Lebenskraft, galten als Sinnbild des Lebens und der Fruchtbarkeit.

© Pixabay

Diese Zuschreibung ändert sich durch den Klimawandel: Seit 1960 hat die Temperatur auf österreichischen Waldflächen laut der Universität für Bodenkultur (BOKU) im Schnitt um rund 1,5 Grad Celsius zugenommen. Vor allem Nadelbäume wie die Fichte werden durch zunehmende Hitze und Trockenheit geschwächt: Der Wassertransport stockt, und die Bäume leiden unter Hitzestress, was sich auch auf Wachstum und Widerstandsfähigkeit auswirkt.

„Viele der Bäume, die jetzt in österreichischen Wäldern wachsen, sind 50 bis 100 Jahre alt und wurden in einem ganz anderen Klima geboren“, erklärt Liam Dolan vom Gregor Mendel Institute for Molecular Plant Biology (GMI). „Da die Temperatur steigt, sind diese Bäume nicht gut an ihre lokale Umgebung angepasst. Und diese Fehlanpassung führt zu vermindertem Wachstum, erhöhter Krankheitsanfälligkeit und einem allgemeinen Verfall der Gesundheit des Waldes.“

Baumaufstellen im Ehrenhof vor dem Schloss Schönbrunn | © Manfred Szieber/ÖBf

Österreichs häufigster Baum unter Druck

Auch Alexandra Wieshaider von den Österreichischen Bundesforsten (ÖBf) berichtet bei einem Lokalaugenschein im Wienerwald von neuen, bisher unbekannten Schäden in neuen Regionen und einer zunehmenden Vielfalt der Baumschädlinge.

„Auch aufgrund der Wärme, weil es im Winter keinen starken Frost mehr gibt, wodurch manche Schädlinge ansonsten absterben würden.“ Wie beim Menschen würden Bäumen durch Stress die Abwehrkräfte fehlen, der Befall durch Borkenkäfer und Pilze werde wahrscheinlicher und könne „gravierende Ausmaße annehmen“. Der häufigste und höchste heimische Baum, die Fichte, leidet bereits stark unter den Folgen von Trockenheit und Dürre.

© ÖBf-Archiv/M. Skopal

„Für den Wienerwald kann man durchaus sagen, dass die Fichte in den nächsten Jahrzehnten vermutlich aus dem Erscheinungsbild des Waldes verschwinden wird“, sagt Wieshaider. Im Rest Österreichs würde der Flachwurzler aller Voraussicht nach so bald zwar nicht verschwinden, in flacheren Lagen aber „deutlich abnehmen“. Laut der Österreichischen Waldinventur 2021 hat sich der Anteil der Fichten seit den 1980ern bereits von rund sechzig auf unter fünfzig Prozent reduziert.

Bunter Mischwald als Wald der Zukunft

Aktuell gibt es 65 verschiedene Baumarten in Österreich, von den rund 3,4 Milliarden Bäumen sind 80 Prozent Nadel- und 20 Prozent Laubbäume. Als eine der wichtigsten Anpassungsmethoden für den Klimawandel pochen Fachleute künftig vor allem auf eines: einen bunten Mischwald, der den Umwelteinflüssen besser standhält und widerstandsfähiger gegenüber Schädlingen ist. Der also auch Baumarten wie Kiefer, Eiche, Ahorn, Winterlinde, Schwarznuss, Wildbirne, Speierling und Elsbeere beherbergt.

Auch Lärchen könnten den Ausfall von Fichten abfedern, so Wieshaider. Im Wienerwald, aber auch im Rest Österreichs wolle man zudem den Tannenanteil stark anheben und stellenweise verdoppeln. Derzeit liegt ihr Anteil bei knapp zwei Prozent. „Die Tanne ist eine Baumart, die aufgrund ihrer wärmeliebenden Eigenschaften durch den Klimawandel nicht so stark betroffen ist. Allerdings ist dazu auch ein entsprechender geringer Wildstand (Bestand einer Wildart in einem Jagdbezirk, Anm.) notwendig, weil sie sehr gerne verbissen wird, zum Beispiel von Rehen.“

© ÖBf-Archiv/M. Stabentheiner

Bäume aus dem Balkan?

Auch klimaresistente Bäume aus südlicheren Gebieten in Österreich sollen gegensteuern. Bei der „Assisted Migration“ (unterstützten Migration, Anm.) werden Exemplare, die mit Trockenheit besser umgehen können, aus südlicheren Gegenden nach Österreich geholt, „in denen es jetzt schon das Klima hat, das wir vielleicht in 50 Jahren haben werden“, erklärt Wieshaider.

So gibt es etwa weiter südlich im Balkan-Gebiet Fichtenexemplare, die wärmere Konditionen gewöhnt sind. „Und mit dieser gelinderen Form der Änderung in der Baumartengarnitur sollte dann auch das Ökosystem des Waldes weiterhin gut funktionieren können, weil ja auch die Tiere leiden, wenn bestimmte Bäume fehlen. Das ist ein gravierender Einschnitt ins Ökosystem.“

Auch die Kühlungsfunktion des Waldes wird durch Baumsterben herausgefordert. Laut dem Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) und der GeoSphere Austria ist die Temperatur in einem vitalen Wald um bis zu fünf Grad kühler als im Freiland. „Wenn die Bäume aufgrund sehr langer Dürreperioden ihre natürlichen Prozesse nicht mehr abwickeln können, geht auch der Kühlungseffekt des Waldes verloren. Das würde man auch in anliegenden Siedlungen spüren“, sagt Wieshaider.

Quelle: Klimakrise bringt Einschnitte bei Nadelbäumen – ORF Topos

0 Kommentare

Antworten

© 2025 Auslandsösterreicher Weltbund | Impressum | Datenschutz

Mit Zugangsdaten anmelden

oder    

Benutzerdaten vergessen?

Benutzerkonto anlegen