Die erste Regierungsbeteiligung auf Bundesebene für die 2012 gegründeten NEOS bringt der liberalen Partei in der Dreierkoalition unter Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) unter anderem auch die Führung des Außenministeriums – oder wie es offiziell heißt, des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten. Betraut mit der Leitung dieses Ressorts ist die langjährige Parteichefin der NEOS und nunmehrige Bundesministerin Beate Meinl-Reisinger. Wer ist die starke Frau an der Spitze der österreichischen Diplomatie?

Meinl-Reisinger, geboren 1978 in Wien, ist Juristin, Autorin und Politikerin. Seit Juni 2018 amtiert Meinl-Reisinger als Parteivorsitzende der NEOS – Das Neue Österreich und Liberales Forum. Von 2013 bis 2015 war Meinl-Reisinger Abgeordnete zum österreichischen Nationalrat und von 2015 bis 2018 Abgeordnete zum Wiener Landtag und Mitglied des Wiener Gemeinderats, wobei sie im Wiener Rathaus auch Klubobfrau der NEOS-Landtags- und Gemeinderatsfraktion war. Von Oktober 2018 bis März 2025 war Beate Meinl-Reisinger erneut Abgeordnete zum Nationalrat. Sie war bei den Nationalratswahlen 2019 und 2024 die Spitzenkandidatin ihrer Partei.
Ausbildung, Beruf und frühe politische Tätigkeit
Beate Reisinger studierte an der Universität Wien Rechtswissenschaften und absolvierte ein Masterstudium in European Studies an der Donau-Universität in Krems. Zu Beginn ihrer Karriere absolvierte sie das „Traineeprogramm für EU-AkademikerInnen der WKÖ“. In diesem Rahmen war sie bei der Europäischen Kommission tätig sowie auch als Assistentin beim langjährigen ÖVP-EU-Abgeordneten und späterem EU-Vizeparlamentspräsidenten Othmar Karas im Europäischen Parlament.
Nach dem Traineeprogramm arbeitete sie als stellvertretende Geschäftsführerin bei „Frau in der Wirtschaft“, einer Abteilung der Wirtschaftskammer Österreich. Weitere Stationen waren das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit und das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend. In weiterer Folge war sie als Referentin für Frauen-, Familien- und Integrationspolitik im Kabinett von Staatssekretärin Christine Marek (ÖVP) tätig.

Politische Laufbahn
Ihr erstes politisches Engagement hatte Meinl-Reisinger bei den Jungen Liberalen, bevor sie 2012 zu den NEOS stieß. Dort spielte sie eine entscheidende Rolle beim Aufbau der Parteistruktur und stieg rasch zur Führungspersönlichkeit auf. 2013 zog sie als Abgeordnete der NEOS in den Nationalrat ein und übernahm die Funktion der stellvertretenden Klubobfrau. Ihre Schwerpunkte lagen insbesondere in den Bereichen Bildung, Wissenschaft und Forschung sowie Demokratie und Bürgerrechte.
Spitzenkandidatin Wiener Landtags- und Gemeinderatswahl
Im Februar 2015 wurde Meinl-Reisinger zur Spitzenkandidatin für die Landtags- und Gemeinderatswahl. Sie ging mit dem Wahlspruch „G‘scheite Kinder statt G‘stopfte Politiker“ und dem Ziel, die Korruption und Freunderlwirtschaft in Wien zurückzudrängen, in den Wahlkampf. Bei der Wahl selbst gelang es NEOS unter Führung von Meinl-Reisinger, beim ersten Antritt mit 6,16 Prozent der Stimmen in den Wiener Gemeinderat und Landtag einzuziehen.
NEOS-Vorsitzende
Am 7. Mai 2018 kündigte der NEOS-Gründer Matthias Strolz seinen Rückzug aus der Partei an und schlug Meinl-Reisinger als seine Nachfolgerin vor. Sie wurde im Juni 2018 bei einer Mitgliederversammlung in Linz mit 94,8 Prozent der Stimmen zur neuen Parteivorsitzenden gewählt. Zu ihren Stellvertretern wurden Nikolaus Scherak und Sepp Schellhorn, der nunmehrige Staatssekretär für Deregulierung, gewählt. 2021 wurde sie im Amt bestätigt.
Spitzenkandidatin zur Nationalratswahl
Sie wurde Spitzenkandidatin für die Nationalratswahl in Österreich 2019. Ihre Partei bekam bei der Wahl selbst 8,1 Prozent der Stimmen und erzielte somit das bisher beste Ergebnis einer liberalen Partei bei einer Nationalratswahl. Meinl-Reisinger selbst erhielt dabei 15.435 Vorzugsstimmen und damit die meisten Stimmen ihrer Wahlbewegung.

Politische Positionen
Transparenz, Kontrolle, Rechtsstaatlichkeit
Meinl-Reisinger setzt sich für eine saubere Politik und mehr Transparenz in Österreich ein. Dazu zählt sie transparente Besetzungen in der öffentlichen Verwaltung und ein Ende der Freunderlwirtschaft. Auch eine Stärkung der Justiz ist ihr ein Anliegen, u. a. soll ein unabhängiger Bundesstaatsanwalt und ein Schulfach „Leben in der Demokratie“ eingeführt werden.
Bildung und Chancengerechtigkeit
Meinl-Reisinger fordert mehr Chancengerechtigkeit im Bildungssystem. Durch einen Rechtsanspruch auf qualitätsvolle Bildung und Betreuung ab dem ersten Lebensjahr, kleineren Gruppen und einem kostenlosen, gesunden Mittagessen, soll die Elementarpädagogik massiv aufgewertet werden. Mit dem Plan eines verpflichtenden zweiten Kindergartenjahres finden sich dahingehend auch konkrete Maßnahmen im aktuellen Regierungsprogramm.
Unternehmerisches Handeln und Wirtschaftspolitik
Für Meinl-Reisinger ist die Steuer- und Abgabenlast in Österreich zu hoch. Die Lohnnebenkosten sollen gesenkt werden, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mehr Netto vom Brutto übrig bleiben. Außerdem sollen Unternehmensgründungen erleichtert werden, die staatliche Bevormundung und Bürokratie soll zurückgefahren werden und der Freihandel mit anderen Staaten forciert werden.
Außen- und Europapolitik
Meinl-Reisinger sprach sich bereits zu Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine im Februar 2022 für eine Unterstützung und Solidarität Österreichs und der Europäischen Union für die Ukraine aus. Sie fordert eine ehrliche Debatte über die österreichische Neutralität und eine verstärkte europäische Zusammenarbeit in außen- und sicherheitspolitischen Fragen mit einem gemeinsamen EU-Heer. Die Abhängigkeit Österreichs von russischen Öl- und Gaslieferungen solle beendet werden.

Persönliches über Beate Meinl-Reisinger
Beate Meinl-Reisinger ist verheiratet und Mutter von drei Töchtern. In ihrer Freizeit findet sie Ausgleich in der Natur, insbesondere beim Joggen oder Wandern im Salzkammergut.
Quellen: Die Bundesministerin – BMEIA – Außenministerium Österreich | Beate Meinl-Reisinger – Wikipedia | Beate Meinl-Reisinger: Vom Trainee über Parteichefin zur Außenministerin