„Verschiedene Blickwinkel sind keine Schwäche, sondern eine Stärke“: 155 Tage nach der Nationalratswahl im September vergangenen Jahres wurde am 3. März eine neue Bundesregierung durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen angelobt. Zweimal platzten Regierungsverhandlungen bis sich schlussendlich ÖVP, SPÖ und NEOS auf ein gemeinsames Programm verständigen konnten. Der neuen Regierung gab Van der Bellen mit, dass es jetzt „ums Machen“ gehe.

Bundesregierung Stocker | ©BKA/Andy Wenzel

Rein formal besteht die neue Regierung aus den jeweiligen Parteichefs Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP), Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ) und Außenministerin Beate-Meinl Reisinger (NEOS) sowie elf weiteren Ministerinnen und Ministern. Angelobt wurden auch die sieben Staatssekretärinnen und Staatssekretäre. Mit zwölf Ministerien neben dem Kanzleramt bleibt die bisherige Anzahl der Ressorts bestehen.

155 Tage zwischen Wahl und Angelobung

Insgesamt 155 Tage brauchte es vom Wahltag bis zur Angelobung – der längste Zeitraum für eine Regierungsbildung in der Zweiten Republik. Erstmals seit 1949 besteht außerdem ein Regierungsbündnis aus drei Parteien. Konservative, Sozialdemokraten und Liberale einigten sich wie berichtet nach einem ersten Zerwürfnis Anfang Jänner und den zwischenzeitlich ebenfalls geplatzten Verhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ auf die Bildung einer Dreierkoalition. NEOS wird in der Koalition drei Posten besetzen: neben Beate Meinl-Reisinger und Christoph Wiederkehr, die als Ministerin und Minister angelobt wurden, wird Sepp Schellhorn Staatssekretär für Deregulierung. Die Funktion ist ein Novum, angesiedelt ist sie im nun NEOS-geführten Außenministerium.

Das Kabinett Stocker

Stocker wird Bundeskanzler

Ihr Amt aus der vorangegangenen Regierung behalten auf ÖVP-Seite Innenminister Gerhard Karner, Verteidigungsministerin Klaudia Tanner und Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig. Angeführt wird das ÖVP-Team von Bundeskanzler Stocker, womit die niederösterreichische ÖVP gleich die Hälfte der Ministerposten besetzt. Generalsekretär der Wirtschaftskammer, Wolfgang Hattmannsdorfer, übernimmt das Wirtschaftsressort. Claudia Plakolm, bisher im Rang einer Staatssekretärin, wird nun u. a. für die Europäische Union zuständige Kanzleramtsministerin.

Bundeskanzler Stocker bei seinem ersten Besuch in Brüssel im Rahmen eines EU-Sondergipfels am 6. März | ©BKA/Florian Schroetter

SPÖ-Team wird von Schmidt koordiniert

Die Nationalratsabgeordnete Michaela Schmidt wird Staatssekretärin im von Andreas Babler geleiteten Ministerium. Finanzminister wird der Arbeiterkammer-Ökonom Markus Marterbauer, dem die ÖVP die bisherige steirische Landesrätin Barbara Eibinger-Miedl als Staatssekretärin zur Seite stellt.

Sozialministerin wird ÖGB-Frauenchefin Korinna Schumann, Verkehrsminister der bisherige Wiener Finanzstadtrat Peter Hanke. Wissenschaftsministerin wird SPÖ-Frauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner und Justizministerin die Vizepräsidentin des Verwaltungsgerichtshofs, Anna Sporrer.

Erste Ministerratssitzung am 5. März | ©BKA/Florian Schroetter
Christian Stocker (ÖVP)Bundeskanzler
Andreas Babler (SPÖ)Vizekanzler, Bundesminister für Wohnen, Kunst, Kultur, Medien und Sport
Beate Meinl-Reisinger (NEOS)Bundesministerin für europäische und internationale Angelegenheiten
Markus Marterbauer (parteilos, SPÖ-nominiert)Bundesminister für Finanzen
Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP)Bundesminister für Wirtschaft, Energie und Tourismus
Gerhard Karner (ÖVP)Bundesminister für Inneres
Anna Sporrer (parteilos, SPÖ-nominiert)Bundesministerin für Justiz
Klaudia Tanner (ÖVP)Bundesministerin für Landesverteidigung
Eva-Maria Holzleitner (SPÖ)Bundesministerin für Frauen, Wissenschaft und Forschung
Christoph Wiederkehr (NEOS)Bundesminister für Bildung
Korinna Schumann (SPÖ)Bundesministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz
Peter Hanke (SPÖ)Bundesminister für Innovation, Mobilität und Infrastruktur
Norbert Totschnig (ÖVP)Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft
Claudia Plakolm (ÖVP)Bundesministerin für Familie, Jugend, EU und Integration
Jörg Leichtfried (SPÖ)Staatssekretär für Staatsschutz und Nachrichtendienst
Michaela Schmidt (SPÖ)Staatssekretärin für Sport
Sepp Schellhorn (NEOS)Staatssekretär für Deregulierung
Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ)Staatssekretärin für Gesundheit
Alexander Pröll (ÖVP)Staatssekretär für Verfassung, Allgemeine Angelegenheiten der staatlichen Verwaltung, Digitalisierung
Elisabeth Zehetner (ÖVP)Staatssekretärin für Tourismus
Barbara Eibinger-Miedl (ÖVP)Staatssekretärin für Zoll, Ausfuhr, Kapitalmarktrecht, FinTech und Finanzbildung, Doppelbesteuerungsabkommen

Regierung stellte ihre Pläne vor

Am fünften Tag nach der Angelobung der ÖVP-SPÖ-NEOS-Regierung hat Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) im Nationalrat eine Regierungserklärung abgegeben. Stocker betonte in einer auf Versöhnung angelegten Rede die Mischung aus Bewährtem und Neuem. Alle drei Parteien hätten verstanden, dass ein „Kompromiss keine Niederlage, sondern ein Erfolg für das ganze Land“ sei. Kurz nach seiner Rede verließ Stocker wegen einer Erkrankung das Plenum.

Am 7. März gab Bundeskanzler Christian Stocker im Parlament die erste Regierungserklärung ab. Im Bild mit Vizekanzler Andreas Babler (2.v.l.) und Bundesminister Gerhard Karner (l.). | ©BKA/Christopher Dunker

Es gebe ein gegenseitiges Verständnis und den „Geist des Kompromisses“ innerhalb der drei Parteien: „Verschiedene Blickwinkel sind keine Schwäche, sondern eine Stärke, die unsere liberale, pluralistische Grundhaltung ausmacht.“ In den Koalitionsverhandlungen hätten sich die Parteien nicht auf den kleinsten gemeinsamen Nenner „runterverhandelt“, sagte Stocker und verwies auf den pragmatischen Zugang aller drei Parteien. Vielmehr habe man es in den Verhandlungen geschafft, dass die Schwerpunkte aller drei Parteien sichtbar werden.

Auf die Regierung warteten „historische Herausforderungen“. Eines der wichtigsten Ziele der Legislaturperiode sei es, die Gesellschaft zusammenzuführen: „Wir haben verlernt, andere Meinungen zu akzeptieren.“ Es sei entscheidend, mit Optimismus und Zuversicht in die nächste Regierungsperiode zu gehen.

Im nächsten Newsletter April 2025 berichten wir weiterführend über die Vorhaben der neuen Bundesregierung sowie Reaktionen, Zusprüche und Kritik auf das auf die nächsten fünf Jahre angelegte Programm.

Angelobung des Kabinetts Stocker durch den Bundespräsidenten am 3. März | ©BKA/Andy Wenzel

Quellen: Dreierkoalition: Neue Regierung angelobt – news.ORF.at | Regierungserklärung: „Kompromiss keine Niederlage“ – news.ORF.at | „Jetzt geht es ums Machen“: Bundespräsident gelobte neue Regierung an – news.ORF.at

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