Der Mutter-Kind-Pass ist ein Meilenstein der österreichischen Gesundheitspolitik und ist heuer 50 Jahre alt. Dieses Programm zur kostenlosen Vorsorgeuntersuchung hat die Säuglingssterblichkeit massiv gesenkt. Ärzte klagen allerdings über weniger Vorsorgeuntersuchungen, sobald die Bonuszahlungen für Eltern wegfallen.
In Österreich kommen jedes Jahr rund 82.000 Kinder zur Welt. Sie alle profitieren vom Mutter-Kind-Pass, einem weltweit vorbildlichen Programm zur Gesundheitsvorsorge. Seit Jahresbeginn heißt der Pass allerdings Eltern-Kind-Pass. Mit den darin vorgesehenen ärztlichen Kontrollen können etwa Risikoschwangerschaften frühzeitig erkannt werden, das war früher nicht so.
Anfang der 1970er Jahre war die Säuglingssterblichkeit in Österreich extrem hoch. Unter anderem weil jede dritte Schwangere damals überhaupt nie zum Arzt ging. Unter Gesundheitsministerin Ingrid Leodolter wurde deshalb 1974 das bahnbrechende Projekt, der Mutter-Kind-Pass, gestartet.
Untersuchungen an Bonusgeld gekoppelt
Seit den Anfängen vor einem halben Jahrhundert sind diese Untersuchungen an das Kindergeld gekoppelt. Bonuszahlungen gibt es nur, wenn die ersten zehn Kontrolltermine, von der Schwangerschaft bis zum ersten Lebensjahr des Kindes, absolviert werden. Danach nimmt die Bereitschaft vieler Eltern mit dem Kleinkind zur Vorsorgeuntersuchung zu gehen signifikant ab. „Da sieht man leider, dass der Österreicher ein Bonusmensch ist. Früher hat es auch mit zwei, drei und vier Jahren eine Bonuszahlung gegeben und als die dann aufgelöst wurde, hat man einen deutlichen Einbruch bei den Untersuchungen bei diesen Altersgruppen gesehen. Und das ist leider auch jetzt noch so“, so Albrecht Prieler, Kinderarzt aus Neufeld an der Leitha.
Eine Nachlässigkeit, die das Kind möglicherweise später teuer bezahlen muss. Denn unerkannt können sich kleine Anomalien zu massiven gesundheitlichen Problemen auswachsen.
Die Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes bietet viele Chancen
Die Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes zu einem Eltern-Kind-Pass ist eine langjährige Forderung des Österreichischen Familienbundes. Es ist wichtig, beide Elternteile einzubeziehen und mit Sprachentwicklungskontrollen, zahnärztlichen Untersuchungen und Elternbildung die Kinder und Familien besser zu unterstützen und zu begleiten.
Im Mutter-Kind-Pass sind viele Untersuchungen vorgesehen, die unsere Kinder vor gesundheitlichen Schäden bewahren. Die im Mutter-Kind-Pass-Programm vorgesehenen Untersuchungen stellen eine Gelegenheit zur Früherkennung und rechtzeitigen Behandlung von Krankheiten sowie zur Kontrolle des Entwicklungsstandes des Kindes dar. Alle Schwangeren und Eltern von Kleinkindern sollen die Gelegenheit zur bestmöglichen Vorsorge für Mutter und Kind nützen und diese Untersuchungen durchführen lassen.
Nun wird der Mutter-Kind-Pass zum Eltern-Kind/Familien-Pass und die Begleitung durch dieses Dokument bis zum 18. Lebensjahr ausgedehnt. „Gesundheitsvorsorge sollte für uns alle ganz selbstverständlich sein. Es ist wichtig Kindern in diesem Zusammenhang bevorzugtes Augenmerk zu schenken“, ist Familienbund-Präsident Mag. Bernhard Baier überzeugt.
„Wir wünschen uns auch, dass regelmäßige zahnärztliche Untersuchungen im Pass integriert werden. Ebenso soll eine regelmäßige Sprachentwicklungskontrolle festgeschrieben werden“, führt der Familienbund-Präsident aus. „Ziel muss es sein, Sprachdefizite rechtzeitig auszugleichen und Kindern so eine gute Teilhabe und Integration zu sichern. Daher ist eine Sprachförderdiagnostik zur Bestimmung des sprachlichen Entwicklungsstands bei Kindern ab drei Jahren bis zur Schule notwendig. So können Risikokinder frühzeitig erfasst und gefördert werden.“
Der Familienbund plädiert auch dafür, das Element „Elternbildung“ im Eltern-Kind-Pass fest zu verankern. „Elternbildung beginnt ganz niederschwellig schon in der Geburtsvorbereitung, bei den „Frühen Hilfen“, in den Eltern-Kind-Gruppen. Jede Altersstufe der Kinder birgt unterschiedliche Herausforderungen. Mit Elternbildung werden Eltern gestärkt und bekommen neben Tipps auch die Informationen, wohin sie sich wenden können, wenn sie weitere Unterstützung benötigen. Auch das ist Gesundheitsvorsorge“, stellt Baier fest.
„Elternbildung sollte dabei an Bonuszahlungen geknüpft werden, damit diese flächendeckend angenommen wird. Dabei soll Elternbildung nicht nur in den ersten Monaten nach der Geburt forciert werden, sondern weit bis ins Jugendalter hinaus. Eltern soll ein breites Angebot an Workshops und Kursen zur Verfügung stehen um für alle Herausforderungen und Fragen Antworten und Unterstützung finden zu können. Dieser Bonus soll dann in mehreren Teilbeträgen abgeholt werden können“, schließt Familienbund-Präsident Baier.
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