Die Bregenzer Festspiele sind ein Kulturfestival, das jährlich im Juli und August in der Vorarlberger Landeshauptstadt Bregenz stattfindet. Anziehungspunkt für eine große Anzahl von Besuchern ist auf der weltweit größten Seebühne insbesondere das Spiel auf dem See. Das Festival ist bekannt für die Schönheit der natürlichen Kulisse des Bodensees, überdimensionale Bühnenbilder, technische Kabinettstückchen und eine einzigartige Akustik, die durch die Technik des Bregenzer Richtungshörens erreicht wird. Intendantin der Bregenzer Festspiele ist seit Jänner 2015 Elisabeth Sobotka, als Kaufmännischer Direktor fungiert Michael Diem, als Operndirektorin Susanne Schmidt, als Dramaturg Olaf A. Schmitt.

75 Jahre Bregenzer Festspiele

Die Bregenzer Festspiele feiern heuer ein Jubiläum. Begonnen hat die Erfolgsgeschichte mit zwei Kieskähnen auf dem Bodensee. 75 Jahre danach zählt das Festival zu den bekanntesten Europas und lockt jährlich tausende Menschen nach Vorarlberg.

Auf zwei Kieskähnen – einer für die Bühnenaufbauten von Mozarts Jugendwerk „Bastien und Bastienne“, der andere für das Orchester – fand ein Jahr nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges die erste Bregenzer Festwoche statt. In einer Stadt, die damals nicht einmal über ein Theater verfügte, schien die Idee Festspiele abzuhalten aberwitzig, doch die Notlösung, den schönsten Teil der Stadt – den Bodensee – als Bühne zu wählen, erwies sich als durchschlagender Erfolg.

Festspiele haben viele Väter

Einen einzelnen Gründer der Bregenzer Festspiele sucht man indes vergeblich. Verschiedene Gruppen verfolgten mit der Festspielidee unterschiedliche Ziele: Der Bregenzer Stadtrat Alois Salzmann wollte den Tourismus ankurbeln, Landeskulturreferent Eugen Leissing wollte etwas Erbauliches, um die Bevölkerung von ihren Sorgen abzulenken. Der Wiener Kurt Kaiser wiederum, der die neu gegründete Vorarlberger Landesbühne leitete, suchte nach Arbeit für die vielen Kunst- und Kulturschaffenden, die 1945 vor den Russen aus Ostösterreich nach Vorarlberg geflohen waren.

Programm wurde von Jahr zu Jahr erweitert

Fest steht jedoch, dass mit der ersten Bregenzer Festwoche die Erfolgsgeschichte der Bregenzer Festspiele begann. Seit ihren Anfangstagen sind sie kontinuierlich gewachsen, das Programm erfuhr im Laufe der Jahre eine deutliche Ausweitung. 

1972 war auch das einzige Jahr, in dem auf der Seebühne gleich zwei verschiedene Musiktheaterproduktionen zur Aufführung gelangten („Der Bettelstudent“ und „Die Feenkönigin“). Seit 1985 wird das Spiel auf dem See jeweils zwei Sommer lang gespielt, seit 1988 auch eine „Hausoper“ inszeniert. 2001 wurde die zeitgenössische Schiene „Kunst aus der Zeit“ eingeführt, mit dem Wechsel der Intendanz von David Pountney zu Elisabeth Sobotka 2015 aber wieder aufgegeben.

Platz vor dem Festspielhaus

Bregenzer Festspiele/Anja Köhler Das Festspiel- und Kongresshaus

Bau des Festspiel- und Kongresshauses

Der größte infrastrukturelle Meilenstein waren 1979 die neue Seebühne und der Bau des Festspiel- und Kongresshauses mit seiner Eröffnung im Jahr 1980, das 1996/97 auf die doppelte Kubatur vergrößert und 2005/06 für 38,5 Mio. Euro generalsaniert wurde. Bereits 1998 war die Zuschauerkapazität auf der Seebühne von 4.600 auf 6.800 Sitze ausgebaut worden.

Festspielhaus, Werkstattbühne und Seebühne bieten damit heute insgesamt knapp 10.500 Kulturbegeisterten Platz. Der Besucherrekord der Festspiele wurde 2014 im letzten Jahr von Pountney erreicht (Spiel auf dem See: „Die Zauberflöte“), als rund 263.000 Gäste den Verantwortlichen eine Gesamtauslastung von 99 Prozent bescherten.

Aufsehenerregende Kulissen

Speziell seit Ende der 1980er Jahre machten sich die Bregenzer Festspiele mit ihren Kulissen auf der Seebühne einen international beachteten Namen. Bis heute unvergessen ist das überdimensional große Skelett von „Ein Maskenball“ (1999/2000), aber auch schon zuvor feierten die Festspiele mit Produktionen wie „Nabucco“ (1993/94) oder „Fidelio“ (1995/96) so große Publikumserfolge, dass letztlich der Ausbau der Zuschauertribüne unausweichlich wurde.

Bühnenbild Maskenball Bregenzer Festspiele Skelett

Bregenzer Festspiele / Bernd Hofmeister

James Bond auf der Seebühne

Die Bregenzer Bühnenbilder stießen auch außerhalb der Opernwelt auf große Resonanz: Im Juli 2007 hatte ein Team von EON Productions, der Produktionsfirma, die hinter den Bond-Filmen steht, eine der letzten Tosca-Proben besucht. Produzentin Barbara Broccoli und Regisseur Marc Forster waren beeindruckt von der einzigartigen Location am Bodenseeufer, dem imposanten Bühnenbild mit seinen technischen Möglichkeiten und der modernen Architektur des Festspielhauses. Und so wurde die Bregenzer Tosca Anfang Mai 2008 für zehn Tage zum Schauplatz des Bond-Streifens „Ein Quantum Trost“.

Kurz darauf, im Juni 2008, war das Tosca-Auge dann nicht mehr blau, sondern ZDF-Orange: Die Seetribüne wurde während der Fußball-Europameisterschaft 2008 in Österreich und in der Schweiz zur Public Viewing Arena: An allen ZDF-Spieltagen moderierte und kommentierte die „ZDF-Dreierkette“ Johannes B. Kerner, Jürgen Klopp und Urs Meier vor tausenden begeisterten Fans. Mehr als 160.000 Schlachtenbummler feierten drei Wochen lang ein Fußballfest.

Hans-Peter Metzler ist Festspiel-Präsident

Organisiert sind die Bregenzer Festspiele als gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung und der „Bregenzer Festspiele Privatstiftung“ als Gesellschafter. Als Festspiel-Präsident ist Hans-Peter Metzler seit 2012 im Amt. Festspielintendantin ist Elisabeth Sobotka.

Bregenzer Festspiele fielen ins Wasser

Die CoV-Pandemie hat auch die Bregenzer Festspiele in die Schranken gewiesen. Zum ersten Mal in der Geschichte der Festspiele fielen im vergangenen Jahr die Festspiele ins Wasser. Die Wiederaufnahme von „Rigoletto“ auf dem See und die Oper „Nero“ wurden auf 2021 verschoben, stattdessen gab es „Festtage“.

BUNDESPRÄSIDENT VAN DER BELLEN ERÖFFNETE DIE 75. BREGENZER FESTSPIELE

Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat am 21. 7. 2021 die 75. Bregenzer Festspiele eröffnet. Den künstlerischen Auftakt des Festivals – das unter „3G-Bedingungen“ stattfindet – bildete am Abend der Eröffnung die Premiere von Arrigo Boitos Nero im Festspielhaus. Bis 22. August gibt es insgesamt 80 Veranstaltungen zu sehen. 

Der Bundespräsident machte die Kunst nur am Rande seiner in der Anmoderation als „Predigt“ angekündigten Ansprache zum Inhalt seiner Rede. Vielmehr sprach er nach vielen Monaten der Pandemie („Lassen Sie uns gemeinsam hoffen, dass wir das Gröbste hinter uns haben“) über Zusammenhalt, Gleichberechtigung, den respektlosen Umgang mancher Politiker mit den Institutionen des Staates und über die Klimakrise. 

Bundespräsident Alexander Van der Bellen bei der Eröffnung/ © Bregenzer Festspiele/Karl Forster

Die Pandemie habe an vielen Frauen „wirklich gezehrt“, Betreuungsarbeit und Homeschooling seien im Wesentlichen an den Frauen hängen geblieben. „Das sollten wir nicht hinnehmen. Es braucht eine Änderung in den Köpfen aller und den Geldbörsen der Frauen“, stellte Van der Bellen fest. In Sachen Politik sagte der Bundespräsident, dass die Leute sehr unzufrieden seien, wie mit den Institutionen des Staates umgegangen werde, insbesondere mit der Verfassung. Er sei selbst erstaunt gewesen, „dass mich ein über 100 Jahre alter Artikel der Verfassung zu Tätigkeiten veranlasst hat“, so Van der Bellen. 

Am meisten Sorge bereite aber die Klimakrise mit all den schrecklichen Hitze- und Überflutungsbildern der vergangenen Wochen. „Wir müssen uns Sorgen machen. […] Zu den Menschenpflichten gehört es, finde ich, unser Haus den nächsten Generationen in Ordnung zu übergeben“, unterstrich der Präsident. „Wir müssen schneller ins Tun kommen, das schaffen wir auch“, so Van der Bellen. Die Bregenzer Festspiele, denen er zum 75. Geburtstag gratulierte, würdigte er als „das“ Festival der Zweiten Republik, dass das Kulturverständnis der Republik widerspiegle. 

Festspielpräsident Hans-Peter Metzler war als Erster ans Rednerpult getreten und hatte Eröffnungen als „immer etwas Besonderes“ bezeichnet – gerade in der aktuellen Zeit. Im Zentrum seiner Gedanken stand das 75-Jahr-Jubiläum des Festivals. „Aber 75 Jahre Bregenzer Festspiele heißt auch, 75 Jahre wissen wir, was wir tun, was wir wollen und was wir können“, so Metzler. 75 Jahre Bregenzer Festspiele bedeuteten 75 Jahre „ein höchst engagiertes Abenteuer“.

Er wolle im Hinblick auf das 75-jährige Bestehen nicht das Heute, mit dem Damals vergleichen. Aber er könne nachvollziehen, was vielleicht unbewusst in den Köpfen der Festspielgründer vorgegangen sei, sagte Metzler. Die damaligen Proponenten hätten scheinbar Unmögliches geschaffen, dazu müsse vieles zusammenkommen. „In einem Wort: Engagement. Es gehe auch um die nächsten 25 Jahre. „Wir sind vernünftig und verantwortungsvoll, weil wir heute zu ‚Unvernünftigem‘ stehen, uns dazu bekennen: Ja, wir wollen Festspiele!“, so Metzler. 

Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) unterstrich in ihrer Ansprache ebenso die Bedeutung von Kunst und Kultur. „Wir brauchen das Schöne, das Menschliche, den Widerspruch, die Reibung, das Verblüffende, die Fantasie, den kritischen Blick. Aus der Seebühnen-Produktion Rigoletto zitierte sie den Herzog von Mantua: „Ohne Freiheit gibt es keine Liebe.“ In den vergangenen eineinhalb Jahren seien wir nicht frei gewesen, „manche wissen erst jetzt, was wir verloren hatten“, so die Staatssekretärin.

Besonders erwähnt wurde von Metzler und Mayer die Zusammenarbeit der Festspiele mit den Wiener Symphonikern, die seit Anbeginn der Festspiele 1946 Bestand hat. 

Nach einjähriger Corona-Pause – und entsprechenden Einbußen auf der Einnahmenseite – zeigten sich die Festspiel-Verantwortlichen im Vorfeld der Eröffnung sehr zufrieden mit dem Ticket-Absatz. Insgesamt stehen 80 Veranstaltungen auf dem Programm, für die 212.000 Karten aufgelegt wurden. Mindestens 85 Prozent der Tickets waren zu Festspiel-Beginn bereits gebucht. Für die 28 Aufführungen von Giuseppe Verdis Rigoletto auf der Seebühne gelangten 192.000 Karten in den Verkauf. Die Rigoletto-Premiere wurde am 22. 7. 2021 gefeiert. 

 Ebenso prägend, wie die Reden waren für die Eröffnungszeremonie aber die Auszüge von Künstlerinnen und Künstlern aus dem Festspielprogramm. So gab es unter anderem Darbietungen aus Rigoletto und Nero. Die Wiener Symphoniker präsentierten einen Auszug aus Richard Wagners Das Rheingold. Zu sehen und zu hören waren außerdem Eindrücke aus anderen Produktionen wie Michel van der Aas Filmoper Upload oder den Theaterstücken Michael Kohlhaas (Heinrich von Kleist) und Lohn der Nacht (Bernhard Studlar). Von Gioachino Rossinis Oper Die Italienerin in Algier wurde das Finale des ersten Akts gezeigt, einen ersten Einblick gab es auch in Alexander Moosbruggers Oper Wind, die in Bregenz uraufgeführt wird. Eine Uraufführung bei der Eröffnung war auch In freier Natur von Marcus Nigsch, „eine Schwärmerei zum 75-jährigen Jubiläum der Festspiele“. 

Während die Eröffnung im Festspielhaus ihren gewohnten Gang nahm, musste der traditionelle Empfang für die Vorarlberger Bevölkerung auf dem Vorplatz des Festspielhauses Corona-bedingt entfallen. Der Festspielbezirk war allerdings für Genesene, Getestete und Geimpfte geöffnet, Flanieren über den Platz der Wiener Symphoniker – so der offizielle Name des Vorplatzes – war also möglich. 

STARKES BEKENNTNIS ZU KUNST UND KULTUR:

FESTSPIELHAUS UND SEEBÜHNE WERDEN UMFASSEND MODERNISIERT.

Um rund 60,5 Millionen Euro werden bis zum Jahr 2024 das Bregenzer Festspielhaus und die Bregenzer Seebühne umfassend saniert sowie baulich erweitert. Mit Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer, Bürgermeister Michael Ritsch und Festspielpräsident Hans-Peter Metzler haben Bundeskanzler Sebastian Kurz und Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner am Dienstag (20. Juli) im Seefoyer des Festspielhauses den ausverhandelten Vertrag über die konkrete Kostenaufteilung offiziell unterzeichnet. 

Bundeskanzler Sebastian Kurz erinnerte bei der Vertragsunterzeichnung an die schwierigen Monate, die aufgrund der Corona-Pandemie hinter den Kunst- und Kulturschaffenden des Landes liegen. Mit den Öffnungsschritten sei es gelungen, wichtige Erleichterungen gerade auch im Bereich Kunst und Kultur durchzusetzen. In diesem Zusammenhang erinnerte Kurz auch an die bereitgestellte Unterstützung für die Kunstschaffenden, Kreativen und kulturellen Einrichtungen, die unter der Pandemie besonders stark zu leiden hatten. Mit Blick darauf betonte er die enorme Bedeutung von Kunst und Kultur für die Gesellschaft und das gesamte Land. Die Bregenzer Festspiele sind ein kulturelles Wahrzeichen am Bodensee. Für Vorarlberg und die ganze Region sind sie wichtiger Impulsgeber. Es ist damit weit mehr als eine Investition in eine Top-Kulturattraktion“, bekräftigte der Bundeskanzler.

Zeitgemäße Infrastruktur

Kunst und Kultur würden ein entsprechendes Umfeld benötigen, damit sie positiv auf den inneren Zusammenhalt einer Gemeinschaft einwirken können, hielt Landeshauptmann Markus Wallner fest: „Dazu gehört auch eine zeitgemäße Infrastruktur.“ Im Übereinkommen sieht er ein „beachtliches Signal für Vorarlberg als international vielbeachteten Kunst- und Kulturstandort“. Gleichzeitig sei es eine großartige Anerkennung für die vor Ort in den zurückliegenden Jahren geleistete Arbeit, freute sich der Landeshauptmann für das Unternehmen Festspiele Bregenz. Der Impuls, der mit dem millionenschweren Projekt in einer pandemiebedingt nach wie vor sehr herausfordernden Zeit gesetzt wird, gehe weit über den Kulturbereich hinaus, machte Wallner deutlich. 

Auf die internationale Strahlkraft, aber auch die Breitenwirkung der Bregenzer Festspiele im Inland hat in ihren Ausführungen Kunst- und Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer verwiesen. Mit dem traditionsreichen, spektakulären Spiel auf dem See sei das Festival Ziel für Opernfans aus aller Welt, aber auch für Menschen, die dem Genre sonst nicht unbedingt nahestehen. „Es ist die Mischung aus dem imposanten Bühnenbild, der Kulisse, der Stimmung und den immer wieder beeindruckenden Inszenierungen, die die Bregenzer Festspiele zu einem Gesamtkunstwerk macht“, so Mayer. 

Der Bregenzer Bürgermeister Michael Ritsch verdeutlichte, dass der Erfolg der Bregenzer Festspiele auf der perfekten Vernetzung der drei Spielstätten Seebühne, Großer Saal und Werkstattbühne beruhe: „Wir sehen es deshalb als besonders wichtige Aufgabe, im Jubiläumsjahr der Festspiele diesen Schritt zu setzen“. Auch wenn die Vorarlberger Landeshauptstadt mit ihren 30.000 Bürgerinnen und Bürgern keine Großstadt sei, biete sie mit dem Programm der Festspiele ein internationales Format mit weit über 200.000 Besucherinnen jährlich. 

Das Festspielhaus zählt zu den größten Kulturzentren in der Bodenseeregion. Für zahlreiche Veranstaltungen mit ebenfalls rund 200.000 Besucherinnen und Besuchern sorgt außerhalb der Festspielsaison die Kongresskultur Bregenz. Das Haus hat sich auch als Kongresszentrum einen hervorragenden Ruf erarbeitet.

Quellen:

https://bregenzerfestspiele.com/de

https://orf.at/bregenzerfestspiele21/stories/3221189

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