Unabhängiger Softwareentwickler beteiligte sich an datenbasierter Recherche über Uiguren-Lager in China
Der gebürtige Grazer Christo Buschek (41) hat den renommierten Pulitzer-Preis für die Mithilfe bei einer Recherche über Internierungslager in China erhalten. „So ganz glaube ich es noch nicht“, sagte er. Er habe weder gewusst, dass der Artikel nominiert war, noch dass die Bekanntgabe der Preise stattfand. Erst durch eine Text-Nachricht seiner Kollegin Allison Killing habe er davon erfahren.
Buschek arbeitet seit knapp 20 Jahren im IT-Bereich als Programmierer und Softwareentwickler, großteils im Ausland. Geboren und aufgewachsen ist er in Graz. Seit Jahren arbeitet er als unabhängiger Softwareentwickler an datenbezogenen Recherchen für Menschenrechtsorganisationen und Investigativjournalisten. Ab 2018 beteiligte er sich an den Nachforschungen über die von den chinesischen Behörden betriebenen Uiguren-Camps – zusammen mit Megha Rajagopalan und Alison Killing. Buschek half mit seinen programmierten Werkzeugen die Daten für die Recherche zu sammeln und sie entsprechend aufzubereiten, um daraus Ergebnisse abzuleiten.
„Ich versuche mit meinen Werkzeugen anderen zu ermöglichen, Daten zu recherchieren“, beschrieb er seine Aufgabe. Dass er zusammen mit seinen Kolleginnen für den Pulitzer-Preis nominiert war, wusste er zunächst gar nicht, „und ich musste mich auch erst darüber informieren, was das nun überhaupt bedeutet, denn ich bin ja kein Journalist“, erklärte er. Mittlerweile habe er unzählige Gratulationswünsche von teils früheren Kollegen aus dem journalistischen Bereich bekommen, die die Preisvergabe natürlich verfolgt hatten. Ob sich für ihn nun viel ändern wird, könne er noch nicht sagen, er wolle jedenfalls weiterhin bei datenbasierten Untersuchungen von Menschenrechtsverletzungen seinen Teil beitragen.
Spezielle Methoden notwendig
Für die Recherche über die Menschenrechtsverletzungen an den Uiguren in China waren spezielle Methoden nötig, beschrieb er: „In China werden viele Uiguren eingesperrt oder verhaftet, wie viele es wirklich sind, ist unklar und in China sind auch keine ausländischen Journalisten erlaubt, die das recherchieren könnten“, sagte er. Zu Beginn der Recherchen seien 25 bis 30 Lager bekannt gewesen, „aber wir wollten rausfinden, wie viele es wirklich gibt“. Daher habe Buschek ein Programm geschrieben, das Karten von Baidu Maps – dem chinesischen Pendant zu Google Maps – auswertete und zensurierte Flecken auf der Karte fand. Diese Vielzahl an Ergebnissen wurde dann noch einmal eingeschränkt und zwar auf jene mit Infrastrukturanschlüssen wie Straßen. So wurden potenzielle Camps gefunden, fasste der Grazer zusammen.
Durch Interviews mit Menschen, die in solchen Camps festgehalten wurden und verbunden mit Satelliten-Bildern von anderen Kartenanbietern, ließen sich rund 280 Lager-Standorte ausfindig machen. Diese wurden dann in drei Kategorien eingeteilt: „In jene, bei denen wir uns sehr sicher waren, in jene, wo wir glauben, dass sie Camps sind, was wir aber nicht beweisen konnten und bei der dritten Kategorie gibt es eine gewisse Wahrscheinlichkeit. Die Daten sind in allen Fällen verifizierbar.“ Die Ergebnisse der Recherche wurden im August 2020 auf BuzzFeed News veröffentlicht.
Quellen:
https://www.falter.at/zeitung/20210616/ein-pulitzer-preis-fuer-christo-buschek/_2b3d3720d6