Kostümdirektor Jan Meier, Jedermann-Kostümbildnerin Renate Martin und Bettina Hering, Leiterin Schauspiel, präsentieren die Kostüme der diesjährigen Jedermann-Inszenierung. 

Transparent und leicht sind die Stoffe für die diesjährige Jedermann- Inszenierung. Nichts Massives, nichts Schweres – und einzuordnen zwischen Renaissance, Barock und dem 21. Jahrhundert, so beschreibt die Kostümbildnerin Renate Martin die Kostüme, die in den vergangenen Wochen in den Werkstätten der Salzburger Festspiele entstanden sind. Alle Kostüme seien genderfluid und vereinen männliche und weibliche Attribute miteinander.

Das vollständige Buhlschaftskostüm wurde beim Pressetermin noch nicht gezeigt, aber ein roter Umhang aus Mailänder Seidenchiffon, mit dem Verena Altenberger am Domplatz sehr aktiv spiele. „Sie trägt einen Hosenanzug“, sagt die Kostümbildnerin. Es sei ihr wichtig gewesen, die Buhlschaft ins 21. Jahrhundert zu verorten, während die anderen Kostüme alle eine Mischung aus Renaissance und Moderne sind und somit die Vergangenheit in eine Jetzt-Zeit holen. „Sie sollte kein Mieder oder ähnliches bekommen, die Frau einzuengen ist einfach nicht zeitgemäß“, sagt Renate Martin. Sie sei eine Tänzerin auf der Bühne und brauche Bewegungsfreiheit.

Fotos: SF/Anne Zeuner

Einen Fatsuit als Inbegriff des reichen Mannes habe sich Jedermann Lars Eidinger gewünscht, verrät die Kostümbildnerin, die diesen Wunsch sehr schlüssig fand. Im Sinne eines typischen Renaissance-Kostüms hat sie Rock, Schaube und Weste für Lars Eidinger entworfen. Der Reiz daran, so ergänzt Kostüm-Direktor Jan Meier, sei der unfertige Charakter des Kostüms.

Das Material wurde speziell gefertigt und verhalte sich wie eine schwabbelige Haut. Die Idee, es mit Stoff zu überziehen, sei schnell wieder verworfen worden, weil das Rohmaterial sich auf der Bühne so perfekt verhalte. Ein weiteres Kostüm des Jedermann, eine goldene Hose verbindet die 1970er Jahre mit der Renaissance. Der Stoff wurde extra angefertigt und ist gestrickt, wirkt fast transparent. „Die Hose muss einiges auf der Bühne durchhalten“, sagt Schauspiel-Leiterin Bettina Hering. Der leichte Stoff mache jede Bewegung mit, das setze sehr viel Spiel frei. 6000 bis 7000 Stunden Arbeit stecken in den Kostümen, schätzt der Kostümdirektor der Salzburger Festspiele, Jan Meier. 90 Prozent der Jedermann-Kostüme sind direkt in den Werkstätten in Salzburg entstanden: Herren- und Damenschneiderei, Weißnäherei, Färberei, Kostümmalerei, Schuhmacherei, Modisten, Einkauf und der Fundus seien daran beteiligt gewesen. Es sei ihm ein großes Anliegen gewesen, auch selbst High Heels herstellen zu können, daher wurden die entsprechenden Leisten bestellt, mit der nun die Schuhmacherin aus Italien hier arbeiten kann. Anna Rieser trage etwa in der Tischgesellschaft die ganz hohen Hacken in Pastelltönen, sagt Jan Meier. Ihr Kostüm, so erklärt Renate Martin, sei absolute Handarbeit, die Spitzen dazu wurden in langer Suche handverlesen, gefärbt und vernäht.

Seit dem 18. Jahrhundert sei der Tod schwarz, vorher sei er allerdings weiß gewesen, sagt die Kostümbildnerin. Edith Clever bekomme daher ein weißes und ein schwarzes Kostüm, um einerseits die Angst, den Schrecken und die Furcht des Todes zu assoziieren und andererseits einen Moment der Katharsis zu schaffen, den Tod als Hoffnung und Licht zu zeigen. Der Kopfputz bestehe aus einem Drahtgerüst, das von oben nach unten umhäkelt wurde – nach historischem Vorbild, aber in einer freien Form konzipiert. Das Kostüm von Edith Clever sei schlicht und mit einer gewissen Strenge, aber auch mit Fokus auf ihr Gesicht, ihr Spiel und ihre Sprache. „Edith Clever braucht keine Sense oder Skelett, um den Tod zu verkörpern“, sagt Renate Martin.

Fotos: SF/Anne Zeuner

Renaissance und Moderne seien auch beim Guten Gesell miteinander verwoben worden. „Umso ein Kostüm herstellen zu können, braucht man ein großes Wissen über historische Schnitte“, sagt Jan Meier. Der Stoff für die Jacke sei extra gewebt worden. „Das Florale zeichnet die Renaissance aus.“ Mavie Hörbiger wird im Jedermann als Gott und als Teufel auftreten. In der Rolle des Gottes trägt sie eine fünf Kilo schwere graue Perücke mit 1,10 Meter langem Kunsthaar. Allein das Ausbürsten der Perücke nach dem Auftritt dauere eine ganze Stunde, sagt Jan Meier. Die Schuhe, die die Schauspielerin wiederum als Teufel trage, seien echte Hufschuhe, sagt Renate Martin. Der spannendste Moment bei einem solch außergewöhnlichen Teil sei die Anprobe. „Ich wusste, dass dieser Schuh für Mavie perfekt ist und sie kann auch sehr toll mit ihm spielen“, sagt die Kostümbildnerin.

Poetische Versatzteile, Halswäsche, handgefertigte Stickereien, alles im Renaissance-Schnitt, aber modernisiert sind auch bei der Tischgesellschaft und dem Ensemble von Schauspielerinnen und Schauspielern im Einsatz. Die Vettern etwa haben handgesmokte Kostüme mit Spitze und viel Handarbeit. „Die beiden lieben die Kostüme“, sagt Renate Martin. „Es unterstreicht ihren Charakter und ihr Spiel.“ 

SALZBURGER FESTSPIELE

17. Juli – 31. August 2021

Hugo von Hofmannsthal (1874-1929)

Jedermann. Das Spiel vom Sterben des reichen Mannes

Neuinszenierung

Sa 17. Juli – Do 26. August

Domplatz, bei Schlechtwetter im Großen Festspielhaus

Michael Sturminger, Regie

Renate Martin, Andreas Donhauser, Bühne und Kostüme

Wolfgang Mitterer, Komposition

Jaime Wolfson, Musikalische Leitung

Urs Schönebaum, Licht

Dan Safer, Choreografie

Angela Obst, Dramaturgie

Edith Clever, Tod

Lars Eidinger, Jedermann

Angela Winkler, Jedermanns Mutter

Anton Spieker, Jedermanns guter Gesell

Jörg Ratjen, Ein armer Nachbar

Mirco Kreibich, Ein Schuldknecht / Mammon

Anna Rieser, Des Schuldknechts Weib

Verena Altenberger, Buhlschaft

Gustav Peter Wöhler, Dicker Vetter

Tino Hillebrand, Dünner Vetter

Kathleen Morgeneyer, Glaube

Mavie Hörbiger, Gott/Teufel

Theresa Dlouhy, Fabian Düberg, Julia Duscher, Claire Gascoin, Skye

MacDonald, Paula Nocker, Maximilian Paier Spielansager/ Arme

Nachbarn/Tischgesellschaft / Werke

Ensemble 021: Jaime Wolfson Musikalische Leitung, Antonia-Alexa Georgiew

Violine, Barbara Erdner Viola, Ana Percevic Violoncello, Gernot Haslauer

Kontrabass, Lorenz Widauer Trompete, Flügelhorn, Philipp Schiepek Gitarre,

Robert Kainar Perkussion

Quelle:

https://www.salzburgerfestspiele.at/fotoservice/jedermanns-kostuem-werkstatt

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